Im Schuljahr 1991/1992 haben die Asylberater:innen des Diakonischen Werkes begonnen, Nachmittagsbetreuung für Kinder in Flüchtlingsunterkünften anzubieten.
Von Beginn an gab es eine große Resonanz von Freiwilligen, die sich dieser wichtigen Aufgabe gewidmet haben und die bis heute anhält. „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“, eine alte Volksweisheit, die besagt, dass verpasste Bildungsgelegenheiten in der Kindheit nicht mehr aufzuholen sind.
Wie schwer wiegen dann verpasste Schuljahre, weil die Kinder auf der Flucht waren? Wie schwer ist es einen verpassten Einstieg in die Schule wieder aufzuholen? Wie schwer ist es gleichzeitig den Schulstoff zu verinnerlichen und eine neue Sprache zu lernen? Wie schwer ist es Hausaufgaben zu machen, wenn das Geschwisterchen im gleichen Zimmer nicht zur Ruhe kommt? Wie schwer ist es mitzuhalten, wenn die digitalen Voraussetzungen nicht vorhanden sind?
Erst in jüngerer Zeit hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass alle Kinder unabhängig von Ihrer Herkunft das gleiche Recht auf Bildung haben.
Zu Beginn der Hausaufgabenhilfe in den 90er Jahren war Integration – auch von Kindern – nicht erwünscht und wurde deshalb nicht vorangetrieben. Weite Teile der Gesellschaft lehnten Geflüchtete ab, auch in Augsburg gab es Bombendrohungen gegen Unterkünfte.
Die Bildungssituation damals war in vielerlei Hinsicht anders und dennoch ist manches gleich geblieben. Noch immer leben die Familien auf beengten Räumen, wodurch adäquates Lernen erschwert oder gar unmöglich ist. Viele Schulkinder nahmen etwa in den Waschräumen am Online-Unterricht teil, weil nur dort eine stabile Internetverbindung und Ruhe zu finden war.
Die Ehrenamtlichen der Nachmittagsbetreuung leisteten und leisten einen wertvollen Beitrag, weil sie einen Raum zum Lernen schaffen, weil sie als Ansprechpartner:innen für alle Schwierigkeiten zur Verfügung stehen und weil sie in unzähligen Freizeitaktivitäten Platz für Momente einer unbeschwerten Kindheit schaffen.
SIMON OSCHWALD
Leiter des Referats für Migration,
Projektleiter next steps